Heute hat die Bundesregierung das sogenannte „Kohleausstiegsgesetz“ endgültig auf den Weg gebracht, damit es nächste Woche Freitag den 3.7. vom Bundestag beschlossen werden kann. Das Gesetz plant den schrittweisen „Aus“stieg aus der Kohleverstromung bis 2038. Es sollte eigentlich „Kohleeinstiegsgesetz“ heißen, denn es sorgt tatsächlich für eine Verlangsamung des Ausbaus erneuerbarer Energien, hält Kohlekraftwerke länger als nötig am Leben, und sichert Betreibern der Kraftwerke ihre Gewinne. Mit Gesetzen wie diesem wird es unmöglich, den Klimawandel auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. Noch vor einem Monat wurde nahe Dortmund ein neues Steinkohlekraftwerk in Betrieb genommen, Datteln 4. So sieht die angebliche Energiewende in Deutschland aus!
Braunkohleunternehmen wie LEAG und RWE bekommen insgesamt 4,35 Milliarden Euro an Steuerzahlungen als sogenannte „Entschädigung“ für den Kohleausstieg, ohne nachvollziehbare Gegenleistung. Die Kohlekraft ist in Deutschland längst unrentabel geworden: Es wird ein Verlust von 1,8 Milliarden Euro bis 2022 vorausgesagt – da spielt der gut bezahlte Ausstieg den Betreibern bestens in die Karten. Der Ausstiegsplan der Bundesregierung und des Kraftwerkbetreibers LEAG stimmen fast überein: Nur ein Jahr später wäre das Unternehmen sowieso aus der Kohleverstromung ausgestiegen.
Übrigens wird die Deutsche Bahn einen großen Teil ihres Stroms von Datteln 4 beziehen. Datteln 4 verursacht jährlich die Emissionen von 4,4 Millionen Flügen der Distanz von Frankfurt nach New York. Die Bahn wirbt mit dem Spruch “100% grün reisen”, während sie 25% ihres Energiebedarfs mit Kohlestrom aus dem neuen Kraftwerk deckt.
Das „Kohleausstiegsgesetz“ sichert zudem RWE zu, die Bewohner der Dörfer um den Tagebau Garzweiler für den Braunkohleabbau umzusiedeln. Braunkohle ist der dreckigste Energieträger, den es gibt, und trotzdem sollen dafür weiterhin Menschen vertrieben und jahrhundertealte Wälder wie der Hambacher Forst gerodet werden.
Auch in München haben wir ein Steinkohlekraftwerk, für das schon 2017 ein Bürgerentscheid die sofortige Abschaltung beschlossen hat. Die Bundesnetzagentur hat jedoch ein Veto gegen den Entscheid eingelegt und der Stadtrat verhindert die Umsetzung mit schwammigen Beschlüssen. Somit wird im Münchener Norden weiterhin Kohle verbrannt, die unter Anderem in Russland unter ausbeuterischen und umweltzerstörerischen Bedingungen abgebaut wird.
Die fossile Brennstoff-Industrie steht bei jeder Gelegenheit einem Wandel im Weg während wir auf eine globale Katastrophe zurasen. Hier wird zu Gunsten von Unternehmen und auf Kosten des Klimaschutzes gehandelt. Der Kohleausstieg wird verlangsamt und den Betreibern der Kraftwerke wird Geld zugeschoben, das für den Ausbau erneuerbarer Energien dringend gebraucht wird. Ein Wirtschaftssystem, in dem Konkurrenz und kurzfristige Interessen einiger Weniger zählen, und nicht langfristig angelegte Planung, verhindert die Lösung der Klimakrise. Wir brauchen also einen Systemwandel. Wir fordern ein Energiesystem in unseren Händen, gespeist von erneuerbaren Energien, und den sofortigen Ausstieg aus der Kohleverstromung!
Das funktioniert nur, wenn wir gemeinsam über die Energiewende entscheiden, anstatt Aktionär*innen aufgrund ihres Profitinteresses. Das Energiesystem müssen wir vergesellschaften und unter demokratische Kontrolle stellen!