In diesem Beitrag erklären wir, warum wir die ÖPNV-Beschäftigten in ihrem Arbeitskampf unterstützt haben und wie wir dabei vorgegangen sind.
In den letzten Jahren ist ein Slogan immer wieder auf Klimademos und Veranstaltungen aufgetaucht: „Klimakampf ist Klassenkampf!“ Denn wenige Superreiche tragen die Hauptverantwortung an der sich verschlimmernden Klimakrise und profitieren von dieser, während der Rest der Bevölkerung (in unterschiedlichem Ausmaß) unter den jetzigen und zukünftigen Folgen leidet. Der Staat unterstützt dieses Gefälle sogar: So ist es im Kapitalismus völlig normal für Autokonzerne Autobahnen durch Wälder zu bauen, während die Beschäftigten im ÖPNV, die echten Klimaschützer, schlechte Arbeitsbedingungen und Löhne dulden sollen. Der ÖPNV verspricht als „bloße“ Daseinsvorsorge eben nicht die hohen Profite und das Wachstum, das Autokonzerne durch Ausbeutung von Mensch und Umwelt erzielen. Als Antikapitalistisches Klimatreffen wollen wir dieses System, das einigen wenigen die Macht über die Produktion – und damit die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen – gibt, überwinden. Wir wollen ein Klassenbewusstsein schaffen und gemeinsam mit Beschäftigten eine Gegenmacht zur Ausbeutung und Klimazerstörung aufbauen.
Im ÖPNV zeigt sich derzeit, wie das Scheitern der Verkehrswende nicht nur mit der einseitigen Unterstützung der Autokonzerne, sondern auch mit der Ausbeutung von Beschäftigten zusammenhängt: Seit 1998 müssen 18% weniger Beschäftigte 24% mehr Fahrgäste transportieren. Durch den wachsenden Druck kommt es immer häufiger zu Krankheitsfällen und Personalausfällen. Durch schlechte Löhne kommen kaum neue Fachkräfte, sodass es bereits schwierig ist die mangelhafte Personalanzahl im ÖPNV zu halten. Von einem Ausbau kann gar nicht die Rede sein. Und so ist es nicht nur für die Beschäftigten selbst, sondern auch für Klimagerechtigkeit von großer Bedeutung, dass die Beschäftigten sich gute Arbeitsbedingungen und Löhne mithilfe von Streiks erkämpfen. Als Klimaaktivist:innen können wir diese Kämpfe unterstützen und politisieren.
Um mit Beschäftigten in Kontakt zu kommen, sind wir deshalb wochenlang mehrmals wöchentlich zu Busbahnhöfen, Brotzeithäuschen und Haltestellen gegangen, um mit Fahrer:innen ins Gespräch zu kommen und sie mit Flyern zu einem gemeinsamen Brunch und einer gemeinsamen Podiumsdiskussion einzuladen. Flyer speziell für Fahrgäste sollten diese zur Solidarität mit potenziellen Streiks aufrufen und Plakate im öffentlichen Raum die Verbindung von Arbeitskampf und Klimaschutz sichtbar machen. Wir haben bei der Kampagne viel darauf gesetzt, unsere Solidarität bei den Beschäftigten durch Flyer, Plakate, Social Media Posts und einem Video sichtbar zu machen. Tatsächlich wurden entdeckte Plakate von Beschäftigten in internen WhatsApp-Gruppen immer wieder geteilt. Gleichzeitig haben wir die Klimabewegung via Social Media über die Anliegen der Beschäftigten durch Videostatements dieser und über den Arbeitskampf mithilfe eines Q&As aufgeklärt.
Unsere bereits bestehenden Kontakte zur ver.di aus vergangenen Kampagnen haben wir in der Kampagne mit Fridays for Future und der Gewerkschaft in wöchentlichen Videokonferenzen vertiefen können. So wurden wir auch zu monatlichen Barabenden der organisierten Beschäftigten eingeladen, wo wir ungezwungene Gespräche führen und zum (Klima)streik agitieren konnten. Insgesamt kann man wohl sagen, dass der Kontaktaufbau eine langwierige Aufgabe und viel Beziehungsarbeit ist, bei der es auch Rückschläge gibt. Es macht Sinn, immer wieder an denselben Orten aufzutauchen, regelmäßig anzurufen, an gemeinsame Termine zu erinnern und natürlich bei den Streikkundgebungen sichtbar als Klimaaktivist:innen anwesend zu sein. Die Beschäftigten sollten sehen, dass ihr Arbeitskampf uns wirklich wichtig ist, um gemeinsame Allianzen zu bilden. Nur durch den Kontakt ist es möglich, die Anliegen der Fahrer:innen tatsächlich zu verstehen; die sinnvollste Unterstützung für die Beschäftigten zu wählen, aber auch den Arbeitsstreik zu politisieren. Diese Form der Politisierung kann allerdings auch zu Gegenwind aus einer sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführung führen. Deshalb ist ein guter Draht zur Gewerkschaftsbasis besonders wichtig. Die kann sich für eure gemeinsame Sache einsetzen, wenn es zu Problemen kommt.
Der ÖPNV in München ist durch verschiedene Tarifverträge abgedeckt, sodass nicht nur Streikbrecher:innen, sondern auch private Unternehmen die Macht des Streiks torpedieren können. Zwar mag es unintuitiv klingen, sich als Klimaaktivist:innen gerade Busfahrer:innen in den Weg zu stellen, doch unsere Blockade der ausrückenden Busse am Streiktag trug zum Erfolg des Arbeitskampfes bei! Zudem legte der zuständige Gewerkschaftssekretär die Streikerfassung am Tag des Klimastreiks auf den Platz der Anfangskundgebung, was sicherlich dazu geführt hat, dass mehrere ÖPNV-Beschäftigte beim Klimastreik anwesend waren. Dort angekommen, wurden sie von uns mit Flyern empfangen und dem Angebot, in einem Arbeitskampf-Block ihre Botschaft auf die Straße zu bringen.
Tatsächlich haben wir in München viel erreicht: 32.000 Teilnehmende auf dem Klimastreik, davon viele Beschäftigte. Die Forderung im TV-MVG (Münchens Haustarif), in den TV-Nahverkehr aufgenommen zu werden, ist derzeit vom Arbeitgeber angenommen worden! Und auch dass der Arbeitgeber-Verband über einen politischen Streik schimpft, sehen wir als Erfolg. Doch über diesen konkreten Arbeitskampf hinaus gibt es noch viel zu tun. Wir wollen längerfristige Allianzen schaffen, die diesem System der Ausbeutung und Klimazerstörung etwas entgegensetzen können. Die kommenden Tarifverhandlungen im Nahverkehr sind ein guter Punkt, um daran weiterzuarbeiten. Wir wollen den Arbeitskampf steigern bis hin zum politischen Streik, den wir im Kampf für Klimagerechtigkeit brauchen. Wenn die Beschäftigten der Welt die Arbeit niederlegen, steht alles still. Ohne uns können die Profiteur:innen der Klimakrise und der Ausbeutung keine Profite mehr anhäufen. Ohne uns kann dieses System nicht mehr weiterhin alles zerstören, was uns lieb ist. Wir stehen für ein System, das nicht nach Profiten wirtschaftet, sondern nach unseren Bedürfnissen. Und deshalb gehen wir auf die Straße mit Beschäftigten, denn ohne Streik wird sich nichts verändern.