Gemeint sind wir alle! Wegen der Proteste gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) 2021 sitzt ein Klimaaktivist in München vor Gericht. Gegen dieses grün angestrichene Lobby-Event der Automobilindustrie gab es breiten Protest. Als Bündnis „Smash IAA“ haben wir uns mit von Kündigung bedrohten Arbeiter:innen des Automobilzulieferers Bosch solidarisiert, den Bosch-Stand auf der Messe gestört und uns mit einem klassenkämpferischen Block an der Großdemonstration beteiligt. Nachdem die Cops den vorderen Bereich der Großdemonstration angriffen, drängten sie sich in die Demonstration, um die Blöcke voneinander zu trennen. Der Smash-IAA Block lies das nicht zu und solidarisierte sich mit dem vorderen Teil der Demo. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung werden dem Aktivisten Schläge mit einer Fahne gegen die Cops vorgeworfen.
Die IAA ist wie kaum ein anderes Event ein Symbol für die katastrophale Verkehrspolitik in Deutschland. Im Interesse der mächtigen Automobilindustrie wird weiter auf den höchst ineffizienten Autoverkehr gesetzt. Anstatt endlich auf die einzig sinnvolle Verkehrspolitik zu setzten – den massiven Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln – wird die Klimakrise weiter angeheizt. Die IAA zu stören ist nicht nur legitim, sondern notwendig.
Dass wir für unseren Protest auf der Straße angegriffen und im Nachhinein mit Anklagen überzogen werden, ist kein Zufall. Der bürgerliche Staat ist kein neutraler Akteur, er vertritt die Interessen einer bestimmten Klasse, der Kapitalist:innen. Daher ist es nur folgerichtig, dass Lützerath für die Profite von RWE abgebaggert wird, ein langjährige Mitarbeiter von Außenministerin Baerbock jetzt für RWE als Chef-Lobbyist arbeitet und 100 Mrd. Euro in die Bundeswehr anstatt für ernsthaften Klimaschutz investiert werden.
Es ist natürlich nicht im Interesse von Daimler, BMW, Bosch und Co., wenn ihre große Lobby-Veranstaltung als Greenwashing-Event bloßgestellt und gestört wird. Der Staat versucht das mit allen Mitteln zu verhindern. Bereits Wochen vor der IAA wurde ein Drohszenario aufgebaut, tausende Cops eingesetzt und selbst eine satirische Führung über die IAA sofort unterbunden.
Bei Schikanen auf der Straße und Verfahren im Nachgang von Protesten geht es darum, widerständige Bewegungen einzuschüchtern und gar nicht erst zuzulassen, dass etwas entsteht, was zu einer Gefahr für den kapitalistischen Ist-Zustand werden kann. Konsequenter Klimakampf rüttelt an den Grundpfeilern des Kapitalismus, an dem in ihm angelegten Wachstumszwang und Profitstreben. Der Staat hat das bereits erkannt und versucht deswegen uns zu kriminalisieren.
Die verschärfte Repression in den letzten Jahren – auch, aber nicht nur gegen die Klimabewegung – müssen wir in diesem Kontext verstehen. Die Klimakrise, immer mehr und offener ausgetragene internationale Konflikte und die aktuellen Teuerungen zeigen, dass der Kapitalismus auch in Deutschland immer weniger in der Lage ist, die Krisen einzudämmen, die er selbst produziert. Gerade in solchen Zeiten versucht der Staat Bewegungen klein zu halten, die Alternativen für ein lebenswertes Leben aufzeigen und nicht nur appellieren, sondern Druck von unten aufbauen.
Repression soll uns in „gut“ und „böse“ spalten, uns einschüchtern und unseren Handlungsspielraum einschränken. Sie geht aber vor allem dann auf, wenn wir das zulassen. Unsere Waffe gegen ihre Repression ist Solidarität. Indem wir uns nicht spalten lassen, sondern uns enger und kontinuierlich organisieren und die Legitimität unserer Aktionen verteidigen, können wir gestärkt aus der Repression hervorgehen. Dazu gehört auch, dass wir niemanden alleine stehen lassen: Getroffen hat es einen – gemeint sind wir alle. Der angeklagte Aktivist ist nicht nur klimapolitisch, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Kämpfen aktiv. Da der Staat auch selbstbestimmten Antimilitarismus und Antifaschismus mit Repression überzieht, steht im Fall einer Verurteilung auch eine Haftstrafe im Raum.
Wir werden den Prozess solidarisch begleiten und den Angeklagten nicht alleine lassen.
Kommt am 22. Juni um 8:00 Uhr zur Kundgebung vors Amtsgericht München (Nymphenburger Straße 16)