Demonstration gegen Polizeiaufgabengesetz

Gestern waren wir auf der Demonstration gegen das Polizeiaufgabengesetz. Angesichts der zunehmenden Repression gegen progressive Kräfte müssen wir uns organisieren und solidarisch zusammenhalten. Hier findet ihr unsere Rede:

Fotos: Yunus Hutterer

Hallo alle zusammen!
Ich bin X vom Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München.

Wir sind heute hier, um gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz zu demonstrieren. Wir demonstrieren gegen ein Gesetz, mit dem der bayerischen Polizei umfassende Befugnisse in unsere Grundrechte eingeräumt wurden. So viele, dass sie sich kaum aufzählen lassen.  Schutzmännern wie dem rechten Racial-Profiling-Fan und Vorsitz der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt geht bei Befugnissen wieDNA-Entnahmen und Präventivgewahrsam das Herz auf. Uns nicht!

Für uns ist das PAG ein weiterer Schritt in Richtung Überwachungsstaat. Dabei sind die umfassenden Befugnisse für Polizei und Geheimdienste ein Symbol. Ein Symbol, das zeigt, wie der Staat auf die Krisen reagiert. Während Kriege um geopolitische Interessen geführt werden, die Klimakrise voranschreitet, Flucht und Vertreibung zunehmen, und die Kluft zwischen arm und reich wächst, versuchen die bayerische und die Bundesregierung nur eins: den Status Quo zu verteidigen.

Dazu passt, dass zwar 100 Mrd. Euro für neue Waffensysteme da sind, aber kein Geld für Klimaschutz und die Beschäftigten der Länder und Kommunen. Dazu passt, dass SPD, Grüne und FDP ihre menschenverachtende Politik als historischen Erfolg verkaufen. Also ihre de-facto Abschaffung des Asylrechts in der EU, den Bau von Massenlagern an den EU-Außengrenzen – Grenzen, die Tag für Tag Menschenleben kosten. Und dazu passt eben auch, dass die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz Stück für Stück erweitert werden. Dies geschieht durch neue Gesetze und durch die Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Orten wie sie Innenministerin Faeser erst diesen Freitag verkündet hat. Buh!

Die Klimabewegung hat in den letzten Jahren schon hinlänglich Bekanntschaft damit gemacht, wie der Status Quo verteidigt wird: Rechtswidrige Räumung der Waldbesetzung im Hambacher Forst unter dem Vorwand des Brandschutzes, Verschärfung des Versammlungsgesetzes in NRW um die Proteste von Klimaaktivist:innen gegen die Kohle zu unterbinden, wiederholte Verhinderungen von Protestcamps durch Versammlungsbehörden, und martialische Polizeieinsätze wie in Lützerath um die Interessen von Kohlekonzernen gegen den Widerstand von abertausenden Menschen durchzusetzen.

Ganz vorne mit dabei bei Maßnahmen gegen die Klimabewegung war dabei immer der Freistaat Bayern. In Augsburg mit Hausdurchsuchungen bei minderjährigen FFF-Aktivist:innen wegen abwaschbarer Sprühkreide, und bundesweiten Haftbefehlen gegen Klimaaktivist:innen wegen eines verpassten Gerichtstermins. In Regensburg mit Präventivhaft gegen einen Klimaaktivisten, der eine Protestaktion angekündigt hatte. Und in München mit einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte des Freistaats zum Schutz der Internationalen Automobilausstellung, dazu Ingewahrsamnahmen, Einschüchterung durch den Staatsschutz, hunderte Gefährderansprachen, Schlagstöcken und Pfefferspray. Und jetzt die bundesweiten Hausdurchsuchungen gegen die Aktivist:innen der Letzten Generation unter dem Vorwand der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Die Befugnisse des PAG zur Anfertigung von Ton- und Bildaufnahmen Verdächtiger, zur Überwachung der Telekommunikation, und zur Ingewahrsamnahme kommen da gerade recht. So wie sich mit ihnen Geflüchtete ruhigstellen lassen, die sich gegen ihre Unterbringungssituation wehren, so lässt sich auch der Protest von Klimaaktivist:innen und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft kriminalisieren. Dass das PAG dafür genutzt werden würde, war von Anfang an klar.

Und wenn die Abschreckung durch das PAG noch nicht reicht, dann folgt die Strafe eben auf den Fuß. Mit den Verschärfungen der Widerstandsparagraphen gegen Beamte lässt sich etwa aus Gerangel – beim Versuch der Polizei eine Demonstration einzukesseln – der Vorwurf des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte konstruieren. So gerade geschehen bei einem Klimaaktivisten aus Stuttgart, der letztes Jahr mit uns gegen die IAA demonstriert hatte. Er steht am 22.06. in München vor Gericht, und muss aufgrund der Gesetzesverschärfungen sogar eine Haftstrafe fürchten. Wir rufen dazu auf, sich solidarisch zu zeigen und an unserer Kundgebung vor dem Amtsgericht teilzunehmen! Außerdem findet am 16. Juli eine große Demonstration in München für Solidarität und Asyl statt Abschiebung und Gefängnis statt, zu der wir als Klimabewegung aufrufen – denn bis 2050 sind 250 Millionen bis 1 Mrd. Klimaflüchtende zu erwarten!

Der Staat verteidigt also den Status Quo. Dass der Staat mit Repression auf die zuspitzenden Widersprüche in unserer Gesellschaft reagiert, dass Klimaaktivist:innen verfolgt werden statt der Klimakrise etwas entgegen zu setzen, zeigt, dass er nicht auf unserer Seite steht. Wenn er Lützerath räumen lässt, wenn bis 2038 noch hunderte Millionen Tonnen Kohle ausgebaggert und verfeuert werden, wenn er Abwrackprämien für die deutsche Autoindustrie durchsetzt statt den ÖPNV auszubauen, dann vertritt er die Interessen derer, die vom Status Quo profitieren: die Besitzenden, die Eigentümer:innen der großen Konzerne, deren Produktion für die Zerstörung unseres Planeten verantwortlich ist.

Mit seiner Repression versucht der Staat uns zu spalten, uns in gute und schlechte Aktivist:innen einzuteilen. Die Repression soll uns einschüchtern, und uns von legitimem Protest abhalten. Die Repression soll uns isolieren, und uns das Gefühl geben, wir wären alleine gegen etwas viel Mächtigeres. Doch wir lassen uns nicht isolieren.

Wir stehen heute nicht nur hier, weil wir die Rücknahme der Befugniserweiterungen von Polizei und Geheimdiensten fordern. Wir demonstrieren heute für radikale Veränderung und gesellschaftlichen Fortschritt: Für eine Demokratie, in der nicht alle vier oder fünf Jahre Repräsentanten gewählt werden, die die Sachzwänge des Kapitalismus verwalten und damit vor allem die Interessen der Besitzenden vertreten; und gegen eine Wirtschaft, die in der Hand einiger weniger liegt.

Wir wollen eine Wirtschaft in unserer Hand, in der wir selbst entscheiden können, was und wie produziert wird. Denn nur so kann ein System überhaupt demokratisch sein, und nur so können Verkehrs- und Energiewende gelingen – ohne Widerstand der Konzerneigentümer:innen und ihrer Lobbyist:innen, die jeden Fortschritt verhindern.

Lasst uns also auf die Straße gehen und zusammen stehen gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur, und gegen Überwachung und Repression durch Institutionen, die sich gegen uns und unser aller Interessen stellen!

WIR DEMONSTRIEREN WIE WIR WOLLEN – GEGEN ÜBERWACHUNG UND KONTROLLEN

(Langform der Rede, auf der Kundgebung selbst hatten wir eine kürzere Version)