Rede zur Fleischindustrie auf der Demo #NichtAufUnseremRücken

Gestern fand der bundesweite Aktionstag #NichtAufUnseremRücken statt. In siebzehn verschiedenen Städten gingen Menschen an diesem Tag gegen die Versuche von Politik und Wirtschaft auf die Straße, die Folgen der Krise auf den Rücken der arbeitenden Menschen abzuwälzen. Auch wir haben uns an der Demonstration in München beteiligt und dort eine Rede über die Fleischindustrie gehalten. Denn am Fleischkapital lässt sich beispielhaft aufzeigen, wie Krisen nicht nur auf unseren Rücken abgewälzt, sondern zuvor aus Profitgründen erzeugt oder in Kauf genommen werden.

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir leben in einem System, dessen innerste Triebkraft die Ausbeutung ist. Die Ausbeutung des Menschen – und die Ausbeutung der Natur. Diese Formen der Ausbeutung gehören zusammen und müssen gemeinsam bekämpft werden. Denn sie haben die gleiche Ursache: den Drang der Kapitalisten und Kapitalistinnen zu immer größeren Profiten.

Wir sehen das in der Fleischindustrie. Die Fleischindustrie erzeugt 14,5 Prozent der weltweiten Treibhausgase. Mehr, als der weltweite Verkehr. Der Grund dafür ist das Methan, das vor allem bei der Haltung von Kühen entsteht. Denn Methan ist ein weit stärkeres Treibhausgas als CO2. Aber die Haltung von Tieren müsste diese Menge an Methan nicht erzeugen. Mit dem richtigen Futter kann die Menge der Gase, die Kühe ausstoßen, um mehr als die Hälfte reduziert werden. Allein: dieses Futter ist teurer als Soja. Also füttert die Fleischindustrie weiter Soja und brennt Teile des Regenwaldes nieder, um darauf neue Sojapflanzen anbauen zu können. Der Anstieg der Treibhausgase, der droht, das Leben, wie wir es kennen, zu vernichten, ist dem Fleischkapital egal – so lange es nur seine Profite maximieren kann.

Aber da ist noch mehr. Weil die Fleischindustrie so viele Tiere auf engsten Raum pfercht, können sich unter ihnen schnell Krankheiten verbreiten. Die günstigste Methode, um das zu verhindern, ist es, ihnen Antibiotika zu geben. Also werden sie mit Antibiotika vollgepumpt. In den USA werden 80 Prozent aller Antibiotika für die Tierproduktion verwendet. Für die Viren sind diese antibiotikagemästeten Tiere ein perfektes Übungsfeld: In ihnen können sie lernen, Resistenzen zu entwickeln. Und so bringt die Fleischindustrie multiresistente Keime hervor, die sich danach unter den Menschen verbreiten. Wenn heute Antibiotika immer öfter keine Wirkung zeigen, dann liegt das vor allem daran, dass das Fleischkapital seine Tiere mit Medikamenten mästet. Die Verbreitung multiresistenter Keime, die Menschen das Leben kosten können und die Tatsache, dass aufgrund der Tierproduktion immer mehr Antibiotika beim Menschen wirkungslos werden, ist dem Fleischkapital egal – so lange es nur seine Profite maximieren kann.

Die Menschen, die am direktesten unter den Bedingungen in der Fleischproduktion leiden, sind die Arbeiterinnen und Arbeiter in die Fleischindustrie. In Deutschland stammt die Mehrzahl von ihnen aus Osteuropa. Sie werden mit Löhnen abgespeist, die oft weit unter dem Mindestlohn liegen. Sie werden in Baracken untergebracht und arbeiten häufig 60 Stunden die Woche. Vor kurzem haben sich tausende von ihnen mit Corona infiziert, weil sie ohne Schutzkleidung und auf engstem Raum nebeneinander arbeiten müssen.

Das Leben dieser Menschen, das von schärftster Ausbeutung bestimmt wird, ist dem Fleischkapital egal – so lange es nur seine Profite maximieren kann. Die Zerstörung unseres Klimas durch Methan, die Zerstörung unserer Gesundheit durch Antibiotika und die Zerstörung des Lebens der Arbeiterinnen und Arbeiter in dieser Industrie – all das wird das Fleischkapital niemals freiwillig beenden.
Wir müssen es zwingen. Die Ausbeutung des Menschen und der Natur durch das Kapital hat stets unendliches Leid bedeutet. Aber jetzt bedroht es unser aller Existenz. Wenn wir den Klimawandel noch aufhalten wollen, dann müssen wir die Entscheidungen über die Produktion aus den Händen der Kapitalisten und Investoren nehmen. Wir müssen ihnen die Möglichkeit nehmen, ihre Profite über das Leben von uns allen zu stellen. Wir müssen sie enteignen.

Dieser Kampf hat gerade erst begonnen. Aber wir können ihn gewinnen. Denn wir sind viele. Fangen wir an, unser Leben und unsere Zukunft gegen die Diktatur des Profits zu verteidigen. Zerschlagen wir die Fleischindustrie. Übernehmen wir die Energieproduktion. Holen wir uns zurück, was uns genommen wurde: die Macht über unser eigenes Schicksal. Es ist höchste Zeit!

Mehr Infos und einen ausführlichen Nachbericht über die Demo gibt es bei unseren Freund*innen von „Zukunft erkämpfen“ unter zukunfterkaempfen.noblogs.org.