Bezahlkarte?! – Entrechtungskarte!

Was ist die „Bezahlkarte“

Seit vergangenem Herbst planen die deutschen Bundesländer gemeinsam die Einführung einer sogenannten „Bezahlkarte“ für Asylbewerber:innen. Bayerns Ministerpräsident prescht besonders radikal vor, um die Karte in Bayern „härter“ zu machen. In vier Landkreisen wird sie nun getestet, unter anderem in Fürstenfeldbruck. Die 460 Euro, die erwachsene Asylbewerber:innen monatlich für Grundbedarf zusätzlich zur Unterkunft brauchen, soll es nun über eine Debit-Karte geben, anstelle von Bargeld.

Doch überall frei mit Karte zahlen und abheben, wie man es nötig hat? Das geht mit der Karte nicht. Die „Bezahlkarte“ dient als Instrument, Geflüchtete maximal zu diskriminieren:

Wohl eher Entrechtungskarte

– Ausschließlich Waren des „täglichen Bedarfs“ sollen kaufbar sein und Zahlungen ins Ausland, Online-Käufe und Überweisungen werden unmöglich gemacht. Der Staat möchte den Ärmsten nun also vorschreiben, wie und wofür sie ihr weniges Geld ausgeben dürfen.

– Bar stehen jedem Menschen nun nur noch 50 Euro zu – dass das nicht zum Leben reicht, ist gewollt. So bezeichnet Söder den Betrag selbst als „kleines Taschengeld“ auf Flohmärkten billige Klamotten kaufen und zusätzlich Lebensmittel vom Markt holen, wird so ausgeschlossen.

– Der Einsatzbereich kann auf einen Landkreis eingeschränkt werden. Woanders einzukaufen oder auch nur Freund:innen in anderen Städten besuchen wird durch die Karte somit verboten. Mit anderen Worten: Sie dient als digitale Fußfessel.

Diese massiven Eingriffe in die Freiheit Geflüchteter entlarven die „Bezahlkarte“ als das, was sie ist: eine Entrechtungskarte!

Warum wird sie eingeführt?

Die Entrechtungskarte ist vorgeblich geschaffen worden, damit Asylbewerber:innen kein Geld ins Ausland überweisen können. Doch das ist ein Scheinargument.

Die Legende des Sozialsystembetrugs kann nicht belegt werden. Die Regierungen legen überhaupt keine Zahlen oder Studien vor, die begründen, dass eine relevante Menge Geld von Asylbewerbenden ins Ausland gelangt.

Doch klar, wenn Du nur 460 Euro und eine Gemeinschaftsunterkunft zum Leben im Monat hättest, weil dir keine Arbeitserlaubnis gegeben wird, würdest Du sicherlich tausende Euros ins Ausland schicken.

Die Entrechtungskarte ist ein Angriff auf uns alle!

Schon jetzt wird erwägt, die Entrechtungskarte auszuweiten, zum Beispiel auf Bürgergeldempfänger:innen. Diese Überlegungen machen einmal mehr deutlich, wie sie den Herrschenden nutzt:

Mit der Entrechtungkarte soll unsere Klasse ganz bewusst gespaltet werden. In Ausländer und Deutsche, in Arbeitslose und Arbeitende. Indem wir gegeneinander ausgespielt und aufgehetzt werden, soll verhindert werden, dass ein Klassenbewusstsein entsteht und wir gemeinsam für unsere Interessen kämpfen. Gegen diese Spaltung.

Außerdem dient die Entrechtung von Bürgergeldempfänger*innen immer auch dazu, selbst die schlechtesten Arbeitsbedingungen im Gegensatz zum Bürgergeld noch attraktiv scheinen zu lassen. So werden wir als lohnabhängige Klasse gezwungen, jeden noch so miesen Job anzunehmen. Denn egal, wie schlecht die Arbeitsbedingungen sind, die Arbeitslosigkeit ist schlimmer.

So können unsere Arbeitsbedingungen verschlechtert, unsere Löhne gesenkt und der Niedriglohnsektor ausgeweitet werden. Auch dein Reallohn wird angegriffen!

Wenn nun auch von Arbeitgeberseite gefordert wird, unser Streikrecht noch weiter einzuschränken, ist klar: Der Klassenkampf von oben ist in vollem Gange. Treten wir gemeinsam zurück!

Nächste Eskalationsstufe im Rechtsruck

Nicht nur die Entrechtungskarte, auch der diskutierte Arbeitszwang zu einem Stundenlohn von 80 ct sind Teil einer Politik, die glaubt, Migration dadurch zu mindern, dass Migrant:innen hier so schlecht wie nur irgendwie möglich leben können. Dabei funktioniert menschenverachtende Politik wie diese nicht einmal. Verschiedene Studien, unter anderem eine des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, zeigen, dass die Sozialleistungen in einem Zielland für die Flucht wenig relevant sind.

Menschen fliehen vor gewaltsamer Unterdrückung, vor Klimazerstörrung, vor Krieg oder vor Hunger, auch angeheizt durch deutsche, imperialistische Markteroberungen und Waffenlieferungen. (Sie müssen ihre Heimat verlassen, weil die Klimakrise ihre Lebensgrundlagen wegreißt.)

Eine Bezahlkarte wird daran nichts ändern. Sie wird keine Welt schaffen, in der Menschen nicht mehr fliehen müssen. Sie ist reine Schikane für die Menschen, die am meisten Solidarität verdient haben.

Kämpfen wir gegen diese systematische Entrechtung und den Rechtsruck.

Kämpfen wir gegen die Klimakrise, die hunderten Millionen von Menschen ihre Heimat raubt und eine Welt, in der kapitalistische Profitinteressen mehr zählen als Menschenleben.

Kämpfen wir für eine Welt, in der kein Mensch, kein Kind, gezwungen ist, fliehen zu müssen.