Streiken bis zur Verkehrswende

Aktuell laufen die Tarifverhandlungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn. Ab August könnte es bundesweit zu Streiks kommen. Sinnvoll, finden wir – und haben einen Flyer geschrieben, den wir seit einigen Wochen an Fahrgäste verteilen, um die Akzeptanz für Bahnstreiks zu erhöhen.

Streiken bis zur Verkehrswende

Streiks bei der Bahn scheinen erstmal nervig – sind aber bitter nötig. Nicht nur für die Beschäftigten der Bahn, die mit unplanbaren Schichten und geringen Löhnen zu kämpfen haben. Sondern für uns alle.

Dauernd zu spät und viel zu teuer: So kennen wir die Deutsche Bahn. Der Grund ist, natürlich, das Geld. Seit Jahrzehnten wird an der Infrastruktur der Bahn gespart, seit 1994 wurden 6.000 km Schiene abgebaut, das übrige Schienennetz viel zu selten erneuert. Dabei ist der Bahnverkehr in Deutschland dringend nötig. Denn die Alternative zur Bahn ist das Auto. Und die Klimaerwärmung schreitet immer schneller voran – befeuert durch den Straßenverkehr. Der Autoverkehr macht in Deutschland rund 20% der CO2-Emissionen aus und ist damit der drittgrößte Faktor nach Industrie und Energiegewinnung.

Und die Bundesregierung? Die schiebt den Automobilkonzernen nur immer weiter Geld zu. Während Millionen von Menschen durch die Pandemie vor dem finanziellen Ruin stehen und nicht wissen, wie sie die nächsten Monate überleben sollen, mussten gleichzeitig die Autokonzerne nur mit den Fingern schnipsen und bekamen sofort Staatshilfen für ihre Kurzarbeit zugeschoben, gefolgt von Abwrackprämien als zusätzliche Geschenke. Und das, während beispielsweise BMW im letzten Jahr 1,65 Milliarden als Dividenden ausgeschüttet hat.

Den Autokonzernen wird also das Geld hinterher geworfen, während am öffentlichen Verkehr gespart wird. Das muss sich ändern. Und zwar rasch: Statt Milliarden für die Automobilindustrie brauchen wir dringend mehr Geld für die Bahn. Unsere wichtigsten Verbündeten im Kampf darum sind die Beschäftigten der Deutschen Bahn.

Deren Arbeitsbedingungen sind aktuell alles andere als rosig. 12 Stunden-Schichten, unplanbare Arbeitszeiten und zu wenige, zu kurze, Pausen: Schon vor der Pandemie waren die Verhältnisse bei den Beschäftigten der Bahn mehr als angespannt.

Die Ursache dieser unzumutbaren Arbeitsbedingungen, die durch Unterfinanzierung herbeigerufen werden, ist die Umgestaltung der Bahn zu einem privatrechtlichen Unternehmen im Jahr 1994. Seither ist das Ziel der Bahn nicht mehr in erster Linie, Fahrgäste zu befördern. Sondern Profite zu erzielen.

Hunderttausende Angestellte wurden entlassen. 6.000 km Schienennetz abgebaut. Die Ticketpreise schossen in die Höhe. Der Stress für die Beschäftigten stieg immer weiter.

Aktuell laufen mal wieder die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn. Für einen Teil der Beschäftigten wurde bereits ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen. Der sieht eine Lohnerhöhung vor, welche so gering ist, dass sie nicht einmal die Inflation ausgleicht – also faktisch eine Senkung der Löhne. Und das für die Beschäftigten, die während der gesamten Pandemie weitergearbeitet und dabei ihre Gesundheit gefährdet haben.

Ein anderer Teil der Beschäftigten kämpft aktuell noch weiter. Sie fordern unter anderem 4,8 Prozent mehr Lohn – und eine echte Jahresschichtplanung überall da, wo diese noch nicht vorhanden ist.

Wir finden: Alle Fahrgäste sollten diese Forderungen unterstützen. Wenn wir möchten, dass mehr Menschen vom Auto auf die Bahn umsteigen, dann brauchen wir dafür Arbeitsbedingungen, unter denen Menschen gerne bei der Bahn arbeiten. Und zu wenig Geld und eine unplanbare Arbeitswoche sind keine Konditionen, unter denen Menschen gerne arbeiten.

Dazu kommt: Erfolgreiche Kämpfe der Bahn-Beschäftigten liegen im Interesse von uns allen. Denn das öffentliche Transportwesen darf nicht länger unter diesen miserablen Bedingungen funktionieren müssen. Es darf nicht mehr gewinnorientiert strukturiert sein, sondern muss dem Gemeinwohl aller dienen.

Unser Ziel ist ein gut ausgebautes und ökologisches öffentliches Verkehrswesen, das gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigen bietet und günstig von allen genutzt werden kann. Das werden wir nur bekommen, wenn wir die Verkehrsbetriebe zurück in die öffentliche Hand überführen, also vergesellschaften, und nicht mehr durch den Markt regulieren lassen.

Aber die Bundesregierung hat in der Vergangenheit oft genug gezeigt, dass sie sich weit mehr für die Bedürfnisse der Automobilindustrie interessiert, als für die Forderungen von Millionen Menschen nach mehr Klimaschutz.

Wenn wir eine Verkehrswende wollen, müssen wir sie erzwingen. Und die einzige Sprache, die Regierung und Konzerne sprechen, ist die der Zahlen – die Sprache des Streiks.

Da es die Beschäftigten der Bahn sind, die den Laden am Laufen halten, können sie durch Streiks zeigen, welche Bedeutung die Bahn hat – und tatsächliche Verbesserungen erkämpfen. Für sich selbst, für das Klima – und für uns alle.

Also: Unterstützen wir die Forderungen der Beschäftigten bei der Bahn! Zeigt eure Solidarität!